Das war der Slogan mit dem Victoria die KR 8/9 Fahrmeister in einem Brief an die Händler bewarb: „Das unser Modell Victoria Fahrmeister selbst hohen Anforderungen entspricht, wird den von seiner Orientreise zurückgekehrten Forscher Josef Sledzinski bestätigt. Mit seinem serienmäßigen Fahrmeister-Gespann, das nur für eine Italienreise gerüstet war, fuhr der Genannte über den Balkan nach Kleinasien und durchquerte als erster Motorradfahrer die 1000 km breite Syrische Wüste. Sledzinski drang selbst bei Temperaturen von 68 Grad bis nach Kuweit am Persischen Golf vor“.
Die Reise ist in dem Buch „Mit dem Motorrad und Kamera durch den Orient“ anschaulich beschrieben, erschienen im Verlag LW. Seidel, Sohn, Wien, 1936. Die komplette Reiseroute umfasst laut der abgebildeten Karte eine Strecke, inklusive der eingezeichneten Abstecher, von ca. 45000 – 50000 km:
Im Vorspann seines Buches ist von 80000 km die Rede, welsches sich höchstwahrscheinlich auf seine gesamten Reiseaktivitäten bezieht. Das erste Viertel der Reise erfolgte mit einem Begleiter, er nannte ihn Heinz. Über das Motorrad selbst werden nur wenige Anmerkungen gemacht, außer Pannen, welche ja negative Ereignisse waren. Aber es waren im Verhältnis zur Gesamtstrecke relativ wenig Pannen. Für ihn waren die Menschen, die Länder und die Landschaften das Credo der Reise, aber vor allem die Fotografien (6000 Stück), die er teils unter gefährlichen Bedingungen machte, wichtig. Im Orient war strengstes Fotografierverbot und wurde im Extremfall mit Gefängnis bestraft. Immerhin war Sledzinski zwei volle Jahre unterwegs, teils auf schlechtesten Straßen und Wegen, über Gebirge und Pässe, durch die Wüste und kam wohlbehalten wieder zu Hause in Berlin an. Die Fahrt begann in Berlin über Dresden, Zinnwald, Tschechoslowakei (schlechte Straßen), Prag, Brünn, Wien nach Italien. Auf ansteigenden Gelände lobte Sledzinski das Motorrad in den höchsten Tönen, es übertraf sich selbst und er musste erst auf halber Anhöhe in bergigen Gelände vom vierten auf den dritten Gang zurückschalten. Selbst sein Beifahrer war mit Stolz erfüllt, dass das Motorrad, selbst mit ihm und dem vielen Gepäck so gut lief. An der jugoslawischen Grenze streikte die Kupplung, welche durch Korken von zurechtgeschnittenen Flaschenkorken ersetzt wurden. Später wurden diese durch Spezial-Kupplungskorken ersetzt. In Jugoslawien auf schlechtesten Straßen dann neuer Ärger mit einer gebrochenen Gepäckstütze und 22 gerissenen Speichen. auf 90 km – 5 x Reifenpannen. Mangels Tankstellen wurde zum Teil mit Petroleumanteil gefahren. Die Straßen um Belgrad glichen einem Schlachtfeld. In der Nähe von Topla lief das Motorrad immer schlechter und eine hohe Zylindertemperatur bereitete Sorgen. Bei einem Schlosser wurde eine neue Zylinderkopfdichtung angefertigt und der Vergaser auf das schlechte Benzin eingestellt. Nach Sofia brach die Hauptstrebe des Seitenwagens. Das Gespann wurde mit einem Seil zum nächste Dorfschmied geschleppt, um die Reparatur auszuführen.
Das Gepäck war bei der Aktion hinderlich.
Ein Bild mit Zigeuner-Kindern, nach Reparatur.
Die Fahrt ging weiter nach Konstanz zur Überfahrt mit einem rumänische Schiff übers Schwarze Meer nach Istanbul. Das Motorrad wurde mit Decken verhüllt, damit es nicht mit der salzigen Luft in Berührung kam. Die Weiterfahrt wurde oft unterbrochen, da Josef Sledzinski zweimal verhaftet wurde, aber immer wieder frei kam, teils erst nach einigen Wochen. Auf der Strecke von Damaskus nach Beirut kam es zu einem leichten Unfall, als eine Frau in den Seitenwagen lief. Das war eine sehr gefährliche Situation, welche leicht in Lynchjustiz enden konnte. Gottseidank konnte die Angelegenheit mit Geld geregelt werden. Viele brenzlige Situationen wurden mit Schmiergeld, dem im Orient sogenannten Bakschisch, geregelt.
Bergige Landschaft in einer faszinierenden Idylle – Nazareth.
Nablus – das alte Sichem – in Palästina.
Von Damaskus nach Bagdad sind es fast 1000 km Fahrt durch die Syrische Wüste. Die Fahrt sollte ohne Unterbrechung innerhalb von 24 Stunden zurückgelegt werden, um die Gefahr räuberischer Überfälle einzuschränken.
Der komfortable Wüstenexpress „NARN“ in Kolonne.
Immer gut, wenn man sich einer Kolonne anschließen kann, das verringert das Risiko von unangenehmen Besuchen irgendwelcher Gumunken und Räuber.
Das wohl berühmteste Bild von Josef Sledzinski, der als Verfasser des Buches, das auch heute noch das gebräuchlichste Verkehrsmittel der Wüste besteigt.
Von Bagdad ging die Fahrt unter mörderischer Hitze, welche den Fahrer zu gemäßigten Tempo zwang, weiter zur iranischen Grenze in einen neuen Kulturkreis.
Enge arabische Dorfstraße, wo kaum das Gespann durch passt.
Malerisch liegt das arabische Dorf an der Landstraße, einen Abstecher allemal wert.
Unterwegs sah man viele verunglückte Fahrzeuge:
Ankunft in Teheran welche, als sehr weltoffene Stadt bekannt ist, verbunden mit der baldigen Heimreise. In der Hafenstadt Pahlewi angekommen, setzte der Orientreisende dann mit einem russischen Frachter übers Kaspische Meer, nach Baku. Danach zur Weiterfahrt über Rostow am Don nach Kiew und dann weiter nach Warschau. Hier wurde eine Pause eingelegt und dann fuhr er weiter nach Hause, nach Berlin, wo Josef Sledzinski ohne von größeren Pannen gezeichnet, von der großen Reise, nach ca. zwei Jahren wieder ankam.
Rückseite des Buches von Josef Sledzinski (1936).
Fazit der Orientreise und Fazit zum Victoria Motorrad KR 8:
Die Reise wurde 1934 angetreten und man kann deshalb davon ausgehen, dass das Motorrad ein KR 8 – Gespann war. Dieses Modell stellte Victoria ab 1933 her. Ich gehe davon aus, das Josef Sledzinski die gesamte Strecke mit der KR 8 und auch mit diesem ersten Motor gefahren ist. Erstaunlich ist, das auf allen Fotos die Seitenverkleidungsbleche zu sehen sind, die als nachteilig für die Kühlung genannt werden. Der neue KR 9 – Motor wurde erst 1936 auf der Berliner Autoschau präsentiert, da war Josef Sledzinski bereits wieder zu Hause und hatte sein Orientbuch schon fertig, also kommt ein Austauschmotor nicht in Frage. Zusammenfassend muss man sagen, dass es schon ein sehr großes Wagnis war, in dieser Zeit mit einem nicht ausgereiften Motorrad eine solche Reise anzutreten. Wahrscheinlich hat er darüber vorher nicht nachgedacht. Josef Sledzinski war ein waghalsiger Typ, dem wir diese selten Fotos zu verdanken haben. Aber seine Verwegenheit und sein Glück haben ihm geholfen unter schwierigsten Bedingungen Aufnahmen von Menschen, Landschaften und von Heiligtümern, nicht zu vergessen in Verbindung mit der Marke Victoria zu machen.
Sehr geehrter Herr Reiher!
Sehr interessiert habe ich obigen Beitrag gelesen. Das Buch Ausgabe 1936 (leider fehlten 2 Seiten) habe ich vor ca. 30 Jahren gelesen. Es hat mich gefesselt. In den Notiz die ich damals über Josef Sledzinski festhielt ist von keinem Sohn etwas zu ersehen, jedoch das er verheiratet mit einer Getrud Milster war.
Haben Sie zufällig eine Adresse des Sohnes, der eine Neuauflage des Buches veröffentlichte?
Über eine kurze Nachricht würde ich mich freuen, Vielen Dank im Voraus, Heinz Buchmaier
Danke für Ihren Beitrag, leider habe ich die Adresse nicht, viele Grüße Gert Reiher…
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