Pünktlich zu Ostern 2020 möchte ich den folgenden Bericht als kleines Ostergeschenk vorziehen, da in den schwierigen Zeiten mit der Bewältigung der Corona-Krise, ein mancher Besucher meiner Seite vielleicht doch mehr Zeit hat. Also viel Spaß beim lesen…
In diesem Bericht, viele warten bestimmt gespannt darauf, wird die Geschichte der einzigen Victoria KR 7 S – Rennmaschine die bekannt ist vorgestellt. Motorrad-Enthusiasten, wie Otto Koch aus Gera in Thüringen haben in der ehemaligen DDR mit Motorrad-Exoten einiges geschaffen was heute absolute Raritäten sind. Da in der DDR die Motorrad-Szene sich auf die handelsüblichen Zweitakter und einige hubraumschwache Viertakter, wie die AWO-Motorräder beschränken mussten, waren Hubräume ab 500 ccm natürlich sehr begehrt. Wenn es dann noch ein Sportmotor ist, der mehr als 600 ccm aufweist und dann aus der Victoria KR 7 – Reihe ist, die eh schon als Sportmaschine bei den Kennern bekannt sein dürfte, ist das natürlich ein ganz großer Bahnhof… Der Otto Koch ist im Jahr 1992 verstorben und heute ist nicht mehr nachvollziehbar, wie dieser seltene Motor in seine Hände kam. Auf jeden Fall hat er den KR 7 – Sportmotor in ein KR 6 – Fahrgestell mit der Nummer 60030 eingebaut. Da der Motor auch einer der letzten KR 7 Sportmotoren ist, ist diese Konstellation kompatibel und nach vollziehbar. Das zu DDR-Zeiten initiierte Victoria-Sportmodell wurde von Otto Koch in Jahr 1981 hergestellt und natürlich auf vielen Veranstaltungen vorzugsweise beim ADMV auch gefahren. Im nachfolgenden Foto ist die Sportmaschine von Otto Koch zu sehen:
Die Originalität spielte nicht die große Rolle, eher die Funktionalität. Im Vorderrad hatte er eine Vollnaben-Bremse aus der BK-Serie eingebaut, um das Renngerät besser runter zu bremsen, als mit der Victoria-Halbnaben-Bremse. Auf weitere Details gewisser Umbauten möchte ich hier nicht eingehen…
Die DDR-BK Vorderrad-Voll-Nabe in der Victoria-Sportmaschine.
Bereits im Beitrag vom Februar 2020 wurde die Überholung des KR 7 S Sportmotors vorgestellt. Hier nochmal die wichtigsten Komponenten des super seltenen Motors:
Die KR 7 Serienmotoren und der KR 6 Sportmotor waren von der Bauart, bis auf die Unterschiede im Ölpumpenbereich, von der Bauart fast identisch. Bei beiden Motoren waren die Hubräume ebenfalls wie beim KR 6 Normalmodell gleich mit 596 ccm. Aber es gab Unterschiede zum Serienmodell Victoria KR 6:
Die KR 7 Serienmotoren und der Sportmotor KR 6 haben eine vergrößerte Nockenwelle, welche dadurch einen längeren Hub von etwa 3 mm gegenüber dem Serienmotor KR 6 aufweist:
Beim KR 6 Serienmodell beträgt der ausgefahrene Hub etwa 5 mm. Durch das längere Öffnen des Einlassventils wird dadurch eine größere Gasfüllung der Zylinder erreicht.
Gegenüber dem Serienmotor der KR 6 hat man werksseitig die Ventilkanäle aufgebohrt. Die nächsten zwei Bilder zeigen den Unterschied anhand der originalen Zylinderköpfe vom KR 7 Sportmodell zum Serienmotor KR 6:
KR 7 – Sportmotor, links – vorderer Kopf, mit 2x 36 mm Bohrung, rechts – hinterer Kopf, mit 2x 34 mm Bohrung.
Ein weiters Novum im Unterschied vom Serienmotor KR 6 zum KR 7 Motor bzw. KR 7 Sportmotor ist die Kerzeneinführung in die Zylinderköpfe. Schlaue Köpfe bei Victoria haben hier noch einiges zur höheren Verdichtung des Motors heraus gekitzelt. das nächste Bild zeigt den KR 6 Zylinderkopf:
Das Kerzengewinde ist im oberen Bereich eingeschnitten, so dass die Zündkerze im ziemlich weit oben eingeschraubt ist. Der Einschraubstutzen beträgt beim vorderen und hinteren Zylinder der KR 6 ca. 25 mm. Beim KR 7/ Sport ist die gesamte Stutzen-länge hinten um 5 mm und vorn um 7 mm im Anguss verkürzt.
Im folgenden Bild kann man den verkürzten Anguss und das tiefer sitzende Kerzengewinde recht gut erkennen. Die Verkürzung bringt doch einiges für die höhere Verdichtung. Im Vergleich von der Kompressionsmulde mit ca. 58 ccm bringt die tiefer sitzende Zündkerze immerhin ca. 1,5 ccm weniger Volumen:
Das Verdichtungsverhältnis beim Victoria KR 6 Motor beträgt 1 : 6,1 Verdichtung. Das Verdichtungsverhältnis beim Victoria KR 7 Motor beträgt 1 : 6,2 Verdichtung. Immerhin 1 Zehntel mehr, nicht viel, aber trägt dennoch zur Leistungserhöhung bei.
Zusammenfassend stellt man fest, dass mehrere Komponenten zur Leistungserhöhung vom KR 6 Serienmodell zum KR 7 Modell mit 24 PS führten.
- Vergrößerte Nockenwelle – mehr Gasfüllung der Zylinder…
- Zwei-Vergaser-Anlage, um die Gasfüllung zu gewährleisten…
- Aufgebohrte Ventilkanäle…
- Verdichtungserhöhung durch Zündkerzen-Einsenkung…
Last but not least, sollte nicht vergessen werden, dass durch die Fülle der Abgase die Auspuffstutzen im Innenmaß auf 33 mm vergrößert wurden, welche bei der KR 6 nur 31 mm betragen.
Jetzt aber zum Victoria KR 7 Sportmotor, (KR 7 S), wohl der einzige der noch existent ist. Das nachfolgende Bild zeigt den KR 7 S – Motor ohne die Zylinderköpfe, da natürlich der Ventil-Klapperatismus überholt werden musste. Die Ventilführungen, die Ventilsitze und das Einschleifen derselben ist für eine ordentliche Funktion des Motors eminent wichtig.
Die neu eingepassten Ventile werden dem Motor einen ordentlichen Lauf bescheren. Die Kompressions- und Verbrennungsmulde ist bis auf die Zündkerzeneinführung baugleich mit dem KR 6 Motor. Brennraumdurchmesser – 73 mm, Muldentiefe 34 mm.
Der Motor selber ist nach Prüfung der Kurbelwelle auf Distanz, sowie der Zylinder-Laufflächen und der Steuerräder im originalen, noch nie geöffneten Zustand verblieben.
Der ungeöffnete KR 7 S – Motor.
Aber wie unterscheidet sich nun der Victoria KR 7 S-Motor zum KR 7-Motor ? Dieser Motor wurde „werksseitig“ von dem bekannten Bohrungsmaß mit exakt 77 mm auf exakt 79 mm vergrößert. der Hub ist natürlich aus konstruktiven Gründen bei 64 mm geblieben.
Das Bohrungsmaß mit 79 mm am originalen Motor.
Die Zylinderwandung beträgt 3,5 mm.
Die vergrößerte Bohrung bringt aber einiges mehr an Volumen der Zylinder und damit eine höhere Befüllung und dem zu Folge eine weitaus höhere Kompression. Pro Zylinder werden ca. 15 ccm mehr gemessen, was einen Hubraum von ca. 626 ccm gesamt, entspricht. Umgerechnet auf das Verdichtungsverhältnis ergibt es einen Wert von 1 : 6,5 Verdichtung, somit drei Zehntel mehr als bei der normalen KR 7 (1 : 6,2). Die Leistung dieses Motors dürfte nochmal um 2 – 3 PS auf maximal 27 PS steigen.
– Victoria – Rennmotor – KR 7 S (Sport) 626 ccm / 27 PS Leistung –
Einige Bilder vom überholten Victoria – Rennmotor KR 7 S:
Einige Bilder vom überholten Fahrgestell Victoria KR 6 (Nr. 30060) zum Rennmotorrad modifiziert, in das der vorgestellte Victoria KR 7 – Renn- bzw. Sportmotor eingebaut wird:
Hier kurz vor der Hochzeit der beiden:
Nach der Vereinigung Fahrgestell und Motor kann sich das Ergebnis sehen lassen:
Hier nochmal die interessante Vergaser-Seite…
Das Cockpit mit Tacho bis 160 km pro Stunde und links am Benzintank das Öldruckmanometer…
Video der Erstinbetriebnahme mit Einstellung der Doppelvergaseranlage:
Video der ersten Probefahrt:
Für alle Besucher meiner Webseite wünsche ein schönes und hauptsächlich ein gesundes Osterfest in diesen eher schwierigen Zeiten…
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