Victoria – Die Entwicklung der „Motorrad Renngeschichte“ jährt sich zum 100erten Mal im Jahr 1924 / 1925…
Victoria hat schon frühzeitig, bereits im Jahr 1921 mit ihren Werksfahrern Adolf Brudes, Georg Möhringer – um nur 2 zu nennen, mit modifizierten Victoria-Motorrädern der ersten Generation an flächendeckenden Rennen teilgenommen. Schon damals hat die Firma unter hoher Eigeninitiative an Sportveranstaltungen teilgenommen und ist dem Reichsverband der Motorrad-Firmen beigetreten.
Bereits im Jahr 1923 sprach Max Ottenstein, der Hauptbegründer der Firma Victoria vor Mitgliedern der Vereinigung Nürnberger-Fürther Motorradfahrer vom Bau von „Hochleistungs-Motorrädern“, die der ausländischen Konkurrenz ebenbürtig sein werden. Dies könnten nur kapitalstarke Firmen erreichen und eine Beschaffung von besten Materialien bis hin zur bestfeinsten Verarbeitung durchzuführen. Die Entscheidung für den Einstieg in Hochleistungs-Motoren war die Abwägung vom Kosten/Nutzen – Verhältnis, aber sie wurde getroffen…
Ende der 1924 Jahre und Anfang der 1925er Jahre begann die Firma Victoria als erste deutsche Motorrad-Firma mit der Leistungssteigerung ihrer Serienmotoren ! An einer Serienmaschine Victoria K.R.III. der ersten Serie ohne Hauptständer haben die Techniker am K.R.III-Motor einen modernen Doppelvergaser angebaut:
Hier, Werksfahrer Adolf Brudes auf der Victoria – Serienmaschine K.R.III. deutlich zu erkennen – der Doppelvergaser…
Ein solcher K.R.III.-Rennmotor mit Doppelvergaser:
Der kopfgesteuerte Rennmotor ist von der Kühlrippen-Anordnung völlig anders konzipiert als ein Serien-Zylinder-Kopfteil:
Selbst die Stößelstangenführung bzw. Einführung ist verändert worden…
Der Doppelvergaser ist wohl das seltenste Teil, – mir persönlich sind gerade mal zwei Stück bekannt:
Sehr interessant – das Innenlebeben der Gasschieber…
Das originale Bild zeigt das K.R.III.-Rennmotorrad beim Rennen am Gabelbach in Thüringen im Jahr 1925:
Das Renn-Motorrad ist vom Fahrgestell wie die spätere Victoria-Kompressor-Maschine ausgebildet. Motor-Einpassung, Getriebe, Vorderbremse und Kotflügel hat man angepasst…
Leider kam das Renn-Motorrad beim bereits besagten Rennen zum Sturz, wie auf dem folgenden Foto zu sehen ist:
Im Vergleich der Nummernschilder ist es eindeutig dieselbe Maschine…
Folgendes verbindet mich mit dieser Victoria-Rennmaschine:
Wie der Zufall manchmal so spielt, wurde ich von einem Oldie-Freund aus der Leipziger Gegend angerufen. Du, ich habe da einen interessanten Victoria-Motor erstanden und zwar aus Thüringen. Der ältere Herr hatte vor, den Motor wieder in das Fahrgestell einzubauen, falls es wieder auftaucht… Leider vergingen Jahrzehnte – das Fahrgestell war nicht mehr auffindbar ! Lange Rede kurzer Sinn, ich fuhr nach Schkeuditz und traute meinen Augen nicht, es war der verschollene Motor der besagten Victoria K.R.III.-Sport vom Rennen am Gabelbach:
So fand ich den originalen Rennmotor vor, die Gasschieber waren abgeschraubt und das Fahrgestell höchstwahrscheinlich verschrottet worden. Der Motor war in einem guten Zustand, bis auf die Schwungscheibe, die war verbogen, was natürlich mit dem Sturz zu tun hatte. Video folgt:
Dann ging es an die Detailarbeit – der Motor wurde zerlegt:
Ja, da liegt er in seinen Einzelteilen… Es erfolgte die Überarbeitung der Kurbelwelle, Zylinder, Kolben (Kolbenringe) – die Aufnahme der Schwungscheibe musste bearbeitet bzw. gerichtet werden und so weiter…
Nochmal ein Blick auf die besonders ausgeführten Zylinderköpfe…
Das besondere Augenmerk liegt zweifellos auf der Fahrgestellnummer, „152“ als Hinweis einer Kleinseriennummer der Renngeneration:
Einige Bilder des fertig gestellten Victoria Rennmotorrad K.R.III. Sport:
Die aufmerksamen Beobachter haben sicherlich gesehen, dass die Schaltung des Rennmotorrads nicht über die am Tank befindliche Kulissenschaltung geregelt wird, sondern über eine Handschaltung rechtsseitig am Lenker. Da das einzigartige Motorrad aus vielen originalen Teilen besteht, vom Nachbaurahmen abgesehen, war meine Absicht hier ein absolut seltenes „Soden-Getriebe“ von Victoria einzubauen.
SODEN-GETRIEBE – ja was ist denn das ?
Victoria war um die 1925er Jahre soweit, das man bei Friedrichshafen ein sogenanntes „Soden-Getriebe“ – ein Getriebe über Handschaltung entwickeln lies und versuchsweise in ein Victoria K.R.III. – Motorrad einbaute:
Es wurden zur damaligen Zeit gerade mal 3 Stück dieser Getriebe hergestellt. Da das Kosten-Nutzen-Verhältnis ein Motorrad preismäßig dermaßen erhöht hätte, hat man eine weitere Produktion eingestellt. Meines Wissens nach haben 2 Stück dieser Getriebe überlebt und eines konnte ich mal in Mannheim erwerben. Damals konnte ich die Bedeutung noch nicht eindeutig einordnen, aber als ich das Fachbuch von Dr.-Ing W. Beisel über Soden-Getriebe las, war alles eindeutig. Natürlich wurde unter Beihilfe eines Spezialisten aus Greiz dieses Getriebe zerlegt und in die entsprechende Funktion gebracht:
So vorgefunden:
Am unteren Ende erkennt man den Anschluss für den Bowdenzug zur Gang-Wahl über den Handgang-Schaltgriff…
So in die Einzelteile zerlegt:
Die nächste Herausforderung war beim Kauf der fehlende Handschalt-Griff des Soden-Getriebes. Was bleibt einem dann noch übrig ? Da muss einer nachgefertigt werden !!! Also musste der nächste Freund her, ein Spezialist aus dem Erzgebirge, den ich auch schon viele Jahre kenne.
Das eingebaute Soden-Getriebe und der höchst seltene Motor mit dem absolut raren Doppelvergaser:
Über die Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens und die Schwierigkeiten bei Einbau und der am Ende stehenden Funktion möchte ich nicht weiter auslassen. Viele Anläufe und Nerven von den Beteiligten hat das gekostet !!!
Zum Abschluss noch einige Detailaufnahmen Von der K.R.III. Sport:
Der ACV Tachometer mit Drehzahlmesser bis 160 km/Stunde, Lenker-Dämpfer-Verstellung und linksseitig Hebel für Früh/Spät-Zündung sowie Luftschieber-Verstellung und Abstellknopf für die Zündung…
Tacho – Anschluss über Scheibe und Winkeltrieb…
Die Vorderrad-Bremse war zu dieser Zeit noch nicht in Serien-Motorrädern vorhanden… Daher ist sie bereits ein Novum bei der Rennmaschine…
Die noch vorhandene Kupplungs-Bremse vom Serienmodell, welche mit der Hinterradbremse verbunden ist, war ein weiterer Sicherheitsaspekt dieses außergewöhnlichen Victoria-Motorrades:
Am Rahmen rechts und unter Motor-Trag-Lasche sieht man die biegsame Schaltwelle vom Handschalt-Getriebe…
Noch ein Bild im Detail von der Schwungscheibenseite:
Zum Abschluss gerne noch 2 Videos, einmal die Funktion der Rennmaschine:
Ein Fahrt im Mai 2024 in Speyer beim Brazzeltag bei Hermann Layher:
Noch ein Bild vom Brazzeltag – Mai 1924 Gert Reiher und Hermann Layher:
Liebe Victoria-Freunde ich hoffe das Euch der Beitrag über die Anfänge der Renngeschichte unserer Motorrad-Marke gefallen hat. Ja 100 Jahre sind damit vergangen und Victoria hat Geschichte geschrieben auf die wir gemeinsam sehr stolz sein können…
Über die Weihnachtszeit diesen Jahres werde ich Euch dann einen weiteren ausführlichen Bericht über die erste Kompressor-Rennmaschine von Victoria präsentieren, wo ich auch schon mehrmals berichtet habe, aber das Thema ist ja so interessant und jährt sich auch zum 100ers Mal, denke es ist es auf jeden Fall wert !!!